Jeder Rechtsanwalt muss in einer Rechtsanwaltskammer eingeschrieben sein. Dies ermöglicht es dem Rechtsanwalt, vor den Gerichten aufzutreten und seine Mandanten zu vertreten. 

Vier Bedingungen müssen erfüllt sein, um als Rechtsanwalt anerkannt zu werden:

1. STUDIUM

Um den Rechtsanwaltsberuf ausüben zu können, ist der Erhalt eines Universitätsabschlusses im Fach Jura („Master der Rechtswissenschaften“) erforderlich.

Dieses Diplom wird nach fünf erfolgreich absolvierten Studienjahren verliehen.

2. EIDESLEISTUNG

Nach Vorlage des Diploms und eines Leumundszeugnisses wird der Rechtsanwaltsanwärter von einem seit mindestens fünf Jahren im Verzeichnis der Rechtsanwälte geführten Rechtsanwalt vorgestellt.

Anschließend leistet der Rechtsanwaltsanwärter den gesetzlich vorgeschriebenen Eid vor einer Kammer des Berufungsgerichtshofes, welcher für den territorialen Ausübungsbereich des Rechtsanwaltsanwärters zuständig ist.

Gemäß Artikel 429 des Gerichtsgesetzbuches lautet der Eid wie folgt:

„Ich schwöre Treue dem König, Gehorsam der Verfassung und den Gesetzen des belgischen Volkes, und werde nicht von der Achtung, die den Gerichten und den Behörden geschuldet wird, abweichen und werde keine Sache beraten oder vertreten, die ich vor meinem Gewissen nicht verantworten kann.“

3. PRAKTIKUM – EINTRAGUNG IN DIE LISTE DER RECHTSANWALTSPRAKTIKANTEN

Nach seiner Eidesleistung stellt der Rechtsanwaltsanwärter einen Antrag, um als Praktikant in die Liste der Rechtsanwaltspraktikanten der zuständigen Rechtsanwaltskammer aufgenommen zu werden.

Sofern keine begründete Ablehnung durch den Vorstand der Rechtsanwaltskammer erfolgt, wird der Rechtsanwaltsanwärter danach in die Liste der Rechtsanwaltspraktikanten aufgenommen.

Der Rechtsanwaltspraktikant absolviert ein dreijähriges Praktikum bei einem erfahrenen Rechtsanwalt.

Zeitgleich befolgt der Rechtsanwaltspraktikant eine Ausbildung hinsichtlich seiner beruflichen Befähigung („CAPA-Kurse“).

Von vornherein hat der Rechtsanwaltspraktikant dieselben Zuständigkeiten, Kompetenzen und standesrechtlichen Verpflichtungen wie die anderen auf die Liste der Rechtsanwälte eingetragenen Rechtsanwälte.

Konkret ist der Rechtsanwaltspraktikant während der Dauer seines Praktikums verpflichtet, in der Kanzlei seines Praktikumsleiters tätig zu sein, mit seinem Praktikumsleiter zusammenzuarbeiten, an Gerichtsterminen teilzunehmen, Sprechstunden für die „Beratung erster Linie“ durchzuführen, Pro deo Akten zu bearbeiten, Salduzdienste zu tätigen und den Befähigungsnachweis für den Rechtsanwaltsberuf („CAPA“ = „Certificat d'Aptitude à la Profession d'Avocat“) zu erwerben.

Die Bedingungen für das Rechtsanwaltspraktikum werden in einem Praktikumsvertrag festgehalten.

4. EINTRAGUNG IN DIE LISTE DER RECHTSANWÄLTE

Nach seinem Praktikum von drei Jahren und seiner bestandenen Prüfung über seine berufliche Befähigung, stellt der Rechtsanwaltspraktikant einen Antrag, um als Rechtsanwalt in die Liste der Rechtsanwälte der zuständigen Rechtsanwaltskammer aufgenommen zu werden.

Sofern keine begründete Ablehnung durch den Vorstand der Rechtsanwaltskammer erfolgt, wird der Rechtsanwaltspraktikant anschließend in die Liste der Rechtsanwälte aufgenommen.